Château Haut Bailly
Die Geschichte von Haut-Bailly
Auch wenn es ältere Bestrebungen gab, aus dem Terrain um die Kieselkuppe zwischen Léognan und La Louvière ein Weingut zu formen, nimmt die Geschichte von Haut-Bailly im Jahr 1630 ihren Verlauf, als der pariser Bankier Firmin Le Bailly, der damit zum Namensgeber des Gutes wurde, es zusammen mit dem Weinhändler Nicolas de Leuvarde kreierte. Nach einer sehr wechselvollen Geschichte mit fortwährenden Eigentümerwechseln erwarb der Ingenieur Alcide Henri Bellot des Minières Haut-Bailly 1872. Dies war aus heutiger Perspektive verschiedener Aspekte wegen ein Glücksfall. Nicht nur hatte er bereits einen profunden Weinhintergrund - wie wir heute sagen würden - nein, er scheint durchaus auch die Unerschrockenheit dessen gezeigt zu haben, dessen Handeln sich nicht an der Mehrheitsmeinung, sondern allein an der eigenen inneren Überzeugung orientiert. So kommt es, dass nach der Reblausplage, die kurze Zeit später katastrophale Realitäten schuf, auf Haut-Bailly nicht, wie sonst meist üblich, amerikanische phylloxeraresistente Reben benutzt wurden. Des Minières war ein Verfechter des "Bordeaux-Mix", ein Amalgam aus Kupfer und Schwefel, mit dem die Reben "gewaschen" wurden.
Chateau Haut-Bailly und die Familie Sanders
Obwohl die Weine von Haut-Bailly in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts für eine kurze Periode auf dem Niveau der Premier Crus gehandelt wurden, waren die Weinberge (damals ca. 25ha) des Chateaus 1955, als der belgische Weinhändler Daniel Sanders das Anwesen übernahm, in einem miserablen Zustand. Ohne sein leidenschaftliches Engagement würde Chateau Haut-Bailly heute auf einem deutlich brüchigeren Fundament stehen. 1979 ging die Verantwortung für das Weingut auf Daniels Sohn Jean über. 1988, nach aufwändigen Renovierungsarbeiten an Gebäude und Kellern, erreichte das Weingut seine historische Grösse wieder.
Chateau Haut-Bailly und Robert G. Wilmers
Als einige Jahre später Jean's Schwestern ihren Anteil am Weingut ausgezahlt haben wollten, blieb ihm nichts anderes übrig, als das Weingut zu verkaufen. Es ist dabei durchaus nicht ohne Ironie, dass mit Robert G. Wilmers ein amerikanischer (harvardgraduierter) Bankier gerade das Weingut, das am wenigsten den "gôut américain" verkörpert, übernahm. Gleichwohl kann man hier nur von einem Glücksfall sprechen, denn wer Robert G. Wilmers einmal auf Haut-Bailly erlebt hat, weiss, dass die Flamme der Leidenschaft für dieses einzigartige Terroir noch immer den hochbetagten Eigentümer treibt und motiviert.
Chateau Haut-Bailly und Veronique Sanders
Seit 2000 wird Haut-Bailly von Veronique Sanders, der Enkelin von Jean, geleitet. Nicht zuletzt durch die immensen Investitionen, die sicher weniger einem Businessplan als der Leidenschaft für ein grosses Ziel geschuldet waren, sowohl in die Gebäude, die Keller - als auch in die Weinberge selbst, ist man auf Haut-Bailly in der glücklichen Lage, seit etwa 2004 Weine von aussergewöhnlicher Qualität in beachtlicher Kontinuität zu bereiten. Auf einer Verkostung zum 15.Jahrestag der Übernahme durch Robert G. Wilmers im Jahr 2013 konnte man sehr schön sehen, wie sich die Qualität seit 1998 stetig verbessert hat. Aktuell ist Chateau Haut-Bailly nach meiner Einschätzung "State-of-the-Art" in Pessac-Léognan.
Chateau Haut-Bailly - ein Ausblick
Historische Konstellationen bergen nicht unbedingt die Garantie in sich, dass sie dupliziert werden können - sie zeigen aber immer ein Potential auf, auch wenn gegenwärtige Realitäten anderes anzuzeigen scheinen. Die Weine der Appellation Pessac-Léognan haben das Zeug zum großen Wurf, wie man ja leicht am Status von Chateau Haut Brion ermessen kann. Umgekehrt verwehrt die Abwesenheit einer notablen Klassifikation nicht eine Wertschätzung, die denen klassifizierter Crus überlegen ist - siehe Pomerol.
Ich meine, gerade die Entwicklung der letzten Jahre, mit grandiosen Haut-Bailly's aus den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2014 ist eine solide Grundlage, um dieses exzeptionelle Gut in den nächsten Jahren zumindest in den Wertschätzungshorizont eines "Supersecond" zu versetzen. Wenn die Weine dabei in ihrer Jugend etwas mit ihren Reizen geizen, so deutet dies auf die Erwartung der Erzeuger hin, sich zum rechten Zeitpunkt mit ihren Weinen auseinanderzusetzen. In der Welt des "just-in-time" ist das ein wohltuendes Signal der Klarheit.