Die Bordeaux Subskription 2015

Die Triebkräfte eines Marktes, dessen Brennzelle exuberanter Geldschöpfung mit ihrem omnivoren Appetit gravitationsfreie Räume schafft, machen vor keinem Gut halt, das Ausdruck ausgeprägter Individuation ist – schon garnicht, wenn die Eigenschaft der Fungibilität die Handelbarkeit, die der Abfüllung in Flaschen den Transport und die der Haltbarkeit die zeithorizontlose Lagerung erleichtert.

Mit dem Aufstieg hochwertiger Weine, und hier besonders derjenigen aus Bordeaux, in die Klasse der Assets, hat sich deren Objektcharakter von den Attributen, die sich auf ihre Genußfähigkeit, Haltbarkeit und die damit einhergehende „Sammeltauglichkeit“ alleine bezieht, emanzipiert hin zur Substitutionsreife, die dem Wein die Eignung zuspricht, sich als Währungsersatz zu eignen und Erträge in Form von realisierungsfähigen Buchgewinnen in Aussicht zu stellen. Der Hunger nach in doppeltem Sinn liquiden Anlageformen ist eben nur zum Teil dem Durst nach einem edlen Tropfen geschuldet.

Wie in jedem funktionierenden Markt bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Das Angebot verringert sich einerseits durch kontinuierlichen Konsum, es vergrößert sich jedoch – zumindest auf Ebene der Marke des Einzelweinguts – mit jeder namhaften Ernte. Die Nachfrage wird im Bodensatz von den Sammlern (bei denen ihr Tun entweder Selbstzweck oder die Vorstufe zum Genuss ist) bestimmt und erfährt ihre Verfeinerung durch die Urteile der Verkoster, von denen das Publikum annimmt, sie verstünden ihr Metier. Weine mit vielen Punkten erfahren eben eine ungleich größere Resonanz als solche ohne die Akklamation der Degustatoren.

Sub15Foto © Matthias Hilse

Insofern kommt den nun anstehenden Primeurverkostungen zur Bordeaux Subskription 2015 eine besondere prognostische Bedeutung zu, denn in den von den Verkostungsprofis niedergelegten Einschätzungen ist im Kern das Wertsteigerungspotential formuliert, das unter Würdigung historischer Verläufe realisierbar sein wird.

Natürlich haben die Erzeuger, in und für Bordeaux nur kurz „die Chateaux“ genannt, den inneren Wert des von ihnen gehegten Inverkehrbringungsmodus, der zuerst Urteile von Kritikerprofis einfordert und dann, in einem nachlaufenden Akt, Preise formuliert, längst verinnerlicht, was sie zu „homines ludens“ macht, deren Ziel es ist, ein Arbitragevakuum zu schaffen, das einem potentiellen grauen Markt von  vorneherein den Nährboden entzieht.

Gleichwohl birgt diese anämische Nährlösung das Risiko letaler Preisphantasie, die doch jedem Geschäft, dessen Erfüllung in der Zukunft liegt, in positivem Sinn inhärent sein muss. Wer nicht genau versteht, was hiermit gemeint ist: die Preise für den bisher größten Bordeauxjahrgang mindestens der letzten 49 Jahre, 2010, waren insofern „ausgereizt“, als dass dem Endkunden in aller Regel wenig Phantasie blieb, „früh günstig“ und damit „richtig“ eingekauft zu haben.

Denn in der Tat haben sich die Preise vieler großartiger 2010er seit der Subskription im Jahr 2011 nicht wesenlich verändert, was auch die Nachfrage nach den Folgesubskriptionen nachhaltig geschmälert haben dürfte.

Nun kommt es zu einer Neuauflage der in vermeintlich großen Jahren gern reiterierten Annahme, dass – obwohl große Jahre auch große Ernten bedeuten – große Qualitäten eben ihren Preis haben. In einem durch solch irritierende Vorzeichen wie negative Zinsen oder einem markant niedrigen Ölpreis – und einer damit einhergehenden wirtschaftlichen Schwäche in ganzen Regionen der Welt – geprägten Szenario wäre es wünschenswert, wenn die Chateaux in einer Renaissance der Arbitrage, die sie allerdings zulassen müssten, eine Möglichkeit sähen, dem Mythos Bordeaux neues Leben in Form von Preisen, die eine Abwägung zwischen „jetzt kaufen“ oder „doch lieber warten“ zu Ungunsten des unseeligen Attentismus ohne Reue erlaubten.

Denn dann hätten wir „groß“ einmal andersherum gedacht: große Nachfrage nach (wahrscheinlich) großartigen Weinen zu motivierenden Preisen großer Mengen wegen.

In meiner von Ignoranz allen Meinungen und allem Vorwissen gegenüber geprägten Vorgehensweise werde ich Ihnen in den nächsten Wochen das übermitteln, was die Weine bei den Proben zur Bordeaux Subskription 2015 mir mit auf den Weg gegeben haben.

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