Das Alphabet als Wette

Fast hat man den Eindruck, google, diese Suchmaschinenpythia, deren USP es ist, für uns Rätsel zu lösen, wollte des Spieß einfach einmal umdrehen. Nun sind wir an der Reihe, uns abzumühen mit der Befassung der Frage, wieso jetzt „Alphabet“ google in die Obhut einer übergeordneten Holding versetzt.

Geht es aber überhaupt um das Alphabet? Nimmt man die website der neuen Holding („www.abc.xyz“), so kommt einem unweigerlich Caesar in den Sinn, denn die Buchstaben des Alphabets sind auf Würfel verteilt. Die Anordnung der einzelnen Buchstaben hat aber kein System, resp. signalisiert Prognoseadversität.

Soll uns das sagen, dass die Würfel gefallen sind, und google das Alphabet als Symbol der Omnicognivität für sich beansprucht? Ob klein oder groß, ob auf dem Kopf oder in Seitenlage, alle Buchstaben, weil sie in Summe eben das, was wir als Alphabet zu bezeichnen gewohnt sind (was nebenbei bemerkt, wenn man sich das Alpha als „0“ und das Beta als „1“ vorstellt, selbst ein Binärcode ist) bilden, markieren damit ein mögliches Geschäftsfeld – jetzt aber nicht mehr von google, sondern von Alphabet.

Google sagt uns damit, dass es auch noch nicht weiß, wie viele Geschäftsfelder es geben wird, und wie oft ein Buchstabe dabei besetzt wird – weswegen er auch frei wie im Orbit schwebt.

Der neue Name, der ja eigentlich ein uralter ist, steht für das Programm: die Wette auf die „Alpha-Idee“. Im Deutschen sind wir es gewohnt, das Wort „Alphabet“ auf der Ultima (d.h. der letzten Silbe zu betonen).

Das neue „Alphabet“, dessen virtuelle Verortung unter www.abc.xyz sowohl für Beliebigkeit als auch für den semantischen Omnivor steht, hat aber seine Betonung auf der Antepaenultima: es geht wohl um nichts anderes als um die Wette über die Kontrolle der Eingangspforte zu einer zukünftigen Welt, von der Sergey Brin und Larry Page fürchten, sie könnte von jemand anderem codiert werden.

Alphabet ist somit nicht nur Gralshüterin, sondern auch die Hütte der Alchemisten mit einem schier unerschöpflichen Fundingreservoir. Wenn Larry Page auf der neuen website schreibt „…As part of that, we also said that you could expect us to make “smaller bets in areas that might seem very speculative or even strange when compared to our current businesses. “ „…, dann ist die Vergangenheit jetzt abgeschlossen und die Zeit für grössere Wetten angebrochen.

Wir sollten uns weniger Gedanken darum machen, ob es auch andere Firmen gibt, die den Begriff „Alphabet“ zu instrumentalisieren versuchen. Larry Page hat gerade ein Manifest verfasst, und anders, als z.B. das der Dadaisten, werden uns dessen Implikationen alle berühren.

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