Verkostungsnotizen Bordeaux 2010

Da verschiedentlich die Anregung gegeben wurde, neu eingestellte Verkostungsnotizen zu kennzeichnen, publiziere ich sie zur besseren Orientierung jeweils hier im Blog.

Verkostungnotiz Château Lanessan 2010: So verwundert es nicht, dass der tiefrubinfarbene Lanessan, der ein sehr fruchtreiches, von feiner Würze unterlegtes, sehr reines Bouquet zeigt und am Gaumen durch seine eminente Frische, seine genuine Cabernet-Ausprägung, die Klarheit der reifen Frucht, den seidigen Schliff der hochreifen Gerbstoffe und seine tadellose Balance sehr überzeugt, im Gewand femininer Feinheit und animierender Verve auftritt. Ein sehr überzeugender Wein zu einem sehr fairen Preis. 91-93

Verkostungnotiz Château Belle-Vue 2010: Der dichtpurpurschwarze Rebsaft entfaltet im zeitgewährenden Glasschwung ein überaus aromatisches, beerenfruchtdominantes, von feiner Holzwürze begleitetes Bouquet von saftigen Heidelbeeren, frischen Brombeeren und fleischigen Kirschen. In mitreißender, wollüstig saturierter Fruchtattacke, die ihre konzertante Begleitung von abundanter, feingliedriger Aromenfülle erfährt, wässert dieser mit heftiger Sinnlichkeit ausgestattete, kraftvoll und zugleich äußerst elegante Wein den Gaumen und verwöhnt ihn mit spannungsreicher, animierend frischer Saftigkeit. In feiner Balance bringen die frischebringende Säure, der enorme Extrakt und die feinstgewobenen Tannine einen sehr harmonischen. langanhaltenden Genußakkord hervor.
Setzt man den Belle-Vue zu unserem anderen Haut-Médoc-Favoriten Clos du Jaugueyron in Beziehung, so überwiegt hier (durch den mit 20% recht hohen Petit-Verdot-Anteil) die aromatische Würze, während die Terroirverwuzelung zugunsten moderner Signatur etwas weniger ausgeprägt ist. Der Belle-Vue schafft es, geschickt auf dem Grad zwischen geschliffener, uniformer Modernität und attackierender Würz- und Fruchtdistinktion zu balancieren. Wie immer in den letzten Jahren eine sichere Empfehlung mit hohem Genuß-Faktor. 91-93

Verkostungsnotiz Château Bourgneuf 2010: Der opakpurpurne Bourgneuf, der so monumental im Glas steht, verströmt schon beim langsam kreisenden Glasschwung überaus weitläufig-ausladende,  wunderbar komplexe Noten reifer dunkler Beeren, in die sich dezente Edelholznoten, ein Hauch Erde und feine Würze mischen. In druckvollem, saftig-frischem, üppig-reiffruchtigen Beerenfluss füllt dieser Pomerol mit ungewohnter Rasse den Gaumen aus hält die Rezeptoren mit seiner animierend wuchtigen Frische und aromatischen Fleischigkeit in Spannung. Trotz einer gewissen Kraftfülle gleicht der Gaumentanz auf feingewobenen Tanningrund dem beinah schwerelosen Fingersturm des Pianisten bei Chopins Etüden. Der beste Bourgneuf der an Reüssiten nicht armen letzten Jahre. 92-94

Verkostungsnotiz Château Caronne Ste. Gemme 2010: Der purpursaturierte Caronne Ste. Gemme entfaltet ein umwerfend feinfruchtiges, von reifen Brombeernoten dominiertes, in umfassende Würzaromatik eingebettetes und von rauchigen Obertönen begleitetes Bukett von bourgeoiser Nobilität. Der Gaumenfluss ist druckvoll elegant, mit einer um die mittig sehr pointierte, klare, reife Frucht fein orchestrierten Balance aus guter Säureausstattung, feinpoliertem Tannin und kernigem Extrakt. Dabei überwiegt das Moment der Authentizität, kein aufgesetzter Schliff stört den Eindruck natürlicher, saftiger Frische. Das Finale ist von animierendem Biss und motiviert dazu, das Glas bald wieder an den Mund zu führen. Für mich eine echte Cru-Bourgeois-Empfehlung für diejenigen, die Cabernet Sauvignon in klassischer Prägung zu sehr gefälligem Bugdet suchen. 90-91

Verkostungsnotiz Château d’Aurilhac 2010: In purpurschwarzer Robe steht der Aurilhac, der eine fruchtexplosive, von feiner Würze unterlegte Nase von hedonistischer Opulenz zeigt, im Glas und flutet den Gaumen mit einem betörend frischfruchtigen, sehr animierenden Saft. Die fleischige Frucht balanciert dabei auf einem feinen Tanningrund und spannt im Verbund mit der stützenden Säure einen spannungsreichen Genußbogen, der in einem sehr aromatischen Finale endet. In seiner Preisklasse eine absolute Empfehlung für alle, die Fruchtopulenz schätzen und dabei keine tiefe Terroirverwurzelung erwarten. 89-91+

Verkostungsnotiz Château Grand Corbin Manuel 2010: In brillante Purpurrobe gekleidet, verströmt dieser noch weitgehend unbekannte Saint-Emilion Grand Cru reichhaltige Fruchtaromen von Brom- und Heidelbeeren mit feinen aromatischen Obertönen. Die Fruchtattacke am Gaumen ist überaus klar und rein und balanciert die dichtgewobene, feinrassige Tanninunterlegung mit ihrer opulenten Frische bestens aus. Gute Mineralität bringt den entscheidenden Hauch Frische, der seine animierende Note bis ins wohlgefällige Finale trägt. 90-92

Verkostungsnotiz Château La Mauriane 2010: Der purpurglänzende La Mauriane offenbart ein überaus reintöniges, gleichwohl fast verschwenderisches Fruchbukett von roten Beeren und Früchten, in das sich feine Kräuteraromen mischen. Der druckvolle Gaumenauftritt ist bestimmt durch die saftig-frische, von kühlendem Mineralienstrom unterlegte, tief in der Distinktion gründenden Beerenfrucht, die in eleganter Balance mit den reichhaltig vorhandenen, äußerst seidigen Tanninen steht und dem Wein Rasse und pulsierenden Akzent verleiht. Das beeindruckend intensive, pointiert aromatische Finale diffundiert in die ewige Wiederkehr des Verlangens nach Mehr. 92-93

Verkostungsnotiz Château Lafleur-Gazin 2010: Die sehr aromatische, überaus reine und klare Beerenfruchtnase des in mittlerem Rubin stehenden Lafleur-Gazin ist die olfaktorische Ouvertüre zu einer Gaumenoper, die durch ihr rassig-fleischiges Pflaumen-Brombeerpotpourri, die schwungvoll-elegante Balance auf dem dichten und feingewobenen Tanningrund und die hormonisch begleitende Säure bis hin zum ausgeprägt langen Finale einen animierenden Spannungsbogen bietet, der an den Pylonen Finesse und Frische fest verankert ist. Ein feiner Pomerol-Wurf unter der 30-Euro-Hürde. 91-93+

Verkostungsnotiz Château Lafon La Tuilerie 2010: Das Fassmuster taucht das Glas in monumentale, undurchdringliche Schwärze und vermittelt von Anbeginn den Eindruck höchster Immanenz. Der Nase präsentiert sich ein frappant dichtfruchtiges Bouquet von hochreifen Brombeeren, saftigen Pflaumen und knackigen Schwarzkirschen mit distinkter Würzunterlegung, über die ein feiner Minzehauch weht. Der Gaumenfluss ist saftig-fleischig-viril und bezieht seinen dahinschwebenden Druck aus einer reichhaltig-dichten, dominant dunkelbeeringen, von süßem Extrakt unterlegten Fruchtmelange mit Anklängen von Lakritze und großer aromatischer Weite. Die hochreifen, seidigfeinen Tannine legen sich wohlbalanciert um den dichten Fruchtkern und halten Säure und Extrakt in großartiger Harmonie. In gleitender Weitläufigkeit endet dieser beachtliche Garagenwein neuer Prägung in einem beeindruckend nachhaltigen Finale von tänzelnder Rasse. 93-95

Verkostungsnotiz Château Val de Roc 2010: Der sattpurpurne Val de Roc, der ein sehr animierendes Bukett von reifen roten Beeren und Früchten verströmt, überzeugt am Gaumen durch seine beeindruckend klar definierte, üppige Frucht, den Eindruck saftiger Frische, die zarte Feinheit der bestens reifen Gerbstoffe und die alles überlagernde feine Balance, die bei Weinen dieser Preisklasse sehr selten ist. Ein schlürfmolliger Charmeur mit spannendem Finale und ein Wein für die Fälle, in denen das Gute nicht so teuer sein soll 88-90

Verkostungsnotiz Château Villars 2010: Der mittelrubine Villars verströmt ein üppiges Bouquet von dunklen Beeren, in das sich ein erfrischender Graphitton und reichhalte Würzarmoen integrieren. Am Gaumen gefällt die sehr klare und äußerst reine Frucht, die von dezenten Erdtönen und floralen Noten begleitet wird. Der mittelgewichtige Rebsaft ist auf hohem Niveau fein ausbalanciert und überzeugt mit einem animierenden, feinwürzig-frischfruchtigen Finale. 89-91

Fortsetzung folgt.

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