Verkostungsnotizen Tertre-Roteboeuf und Roc de Cambes

Francois Mitjaville

Heute ist der offizielle Tag des Offerten-Launches von Château Tertre-Roteboeuf 2010 und Roc de Cambes 2010 –  auch wenn bereits Ende letzter Woche erste Offerten im Markt kursierten. Wie im letzten Jahr dürfte der Wein recht rasch aus den Offerten verschwinden. All denjenigen, denen Tertre-Roteboeuf den Bugdetrahmen sprengt, sei wärmstens Roc de Cambes als der Ausnahmewein aus den rechtsufrigen Satelliten empfohlen!

Château Tertre-Roteboeuf

Francois Mitjaville ist ein Ausnahmewinzer mit einem Ausnahmeterroir. Wie ein Künstler entlockt er der Materie die Form, indem er all das, was nicht zum Ergon eines großen Weins gehört, scheidet und entfernt und so ein in seiner Reinheit und Klarheit einzigartiges Weinkunstwerk offenlegt. Die naturbelassene Größe des Weins gründet in der distinkten Identität des Solitärwinzers. Mit wissender Erhabenheit führt er hier Regie, und es ist eine große Herausforderung für den Verkoster, die Blickhöhe des Meisters zu erreichen.

Verkostungsnotiz:

In monolithischer, glanzgetränkter Schwärze dokumentiert der Tertre Roteboeuf des Jahrgangs 2010 bereits visuell die Dimension seines großen Wurfs. Mit initial schon rassigem, würzigem, im Zeitverlauf immer umwerfender werdenden Fruchtcrescendo eröffnet das Nasenspiel die großartige Schau urwüchsig-reintöniger Sinnenbetörung. Im Konzert der Bouquetträger ragen anfangs die roten Früchte und dunklen Beeren mit ihren frischen und saftigen Obertönen etwas heraus, werden dann aber bestens von der sehr warmaromatischen Würzunterlegung im Baß ausgewogen und von erfrischender Mineralität durchzogen. Mit geschmeidig-samtiger Wucht gleitet der hocharomatische Wein in üppigem Fluß den Gaumen aus und beeindruckt auch hier durch die imposante Dichte der hochreifen Frucht, deren Intensitätsamplitude ein ebenso unerreichtes Niveau erklimmt wie Säure und Alkohol. Quasi auf dem Hochseil ungewohnter Extraktintensität wird der Gaumen durchmessen, und die exuberante Fülle der wirkmächtigen Bestandteile Frucht, Säure, Tannin und Alkohol formiert sich in berauschendem Aplomb! In auflodernder Aromatik entschwindet der Wein in wohliger Zeitentrückung in das Reich der Erinnerung.

Ein Wein, der zunächst sprachlos macht und den ganzen Horizont semantischer Weite erfordert. Das Wort verneigt sich vor den Sinnen.

Matthias Hilse: 97-99

 

Roc de Cambes

Ginge es nach dem genetischen Fingerabdruck im Wein, dann wäre offensichtlich, dass Roc de Cambes in einer genealogisch engen Beziehung zu Tertre Roteboeuf steht. Stellt dieser den Höhepunkt des authentizitätsgeprägten, schnörkellos-reinen, totalaromatischen Saint-Emilion dar, ist der Roc de Cambes das solitäre Pendant in den Satelliten auf der rechten Flussseite.

Verkostungsnotiz:

Das Nasenpanorama des in elegisches schwarzpurpur gewandeten Roc de Cambes 2010, der ein überaus würdiger Nachfolger des legendären Jahrgangs 2009 ist, eröffnet mit einer ansatzlos präsenten Bouquetblüte aus reifen Pflaumen, saftigen Heidelbeeren und säurefrischen Brombeeren, mit pulsierender Würzaromatik, feiner Edelholzwürze, Tabak- und Kaffeenoten und leitet über zu einer beeindruckend prägnanten Ingaumennahme der druckvoll-rassigen, betörend dichtfruchtigen, hedonistisch-süffigen Fruchtkomposition aus roten und schwarzen Beeren, aus der dunkle Kirschen und Johannisbeeren herauslugen. Die süße, mit guter Säurebetonung unterlegte komplexe Frucht, die eine exorbitant feinmaschige Würzeskorte nach sich zieht, wird von einem feinen Minzeton pointiert und verzweigt sich in immer tiefere Schichten distinkter Fruchtnuancen. Das Tanningewebe ist von seidiger Zartheit, verleiht dem extraktreichen Wein Eleganz und feminine Anmut und trägt ihn zu einem animierend aromendynamischen, fruchtintensiven und sehr langanhaltenden Finale.

Im Roc de Cambes vereinen sich Frucht- und Aromenfülle mit saftiger Frische, schwereloser Eleganz und äußerst natürlicher Weincharismatik.

Matthias Hilse: 94-95

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