Es geht los: Bordeaux Primeur 2010 im Blog

Am sehr frühen Morgen des 04. April starten wir zu unserer Bordeauxreise. Die nächste Woche ist voll mit Terminen und Treffen, mit Testen und Validieren. Wie immer bin ich sehr gespannt auf die Qualitäten, die mich im Glas erwarten, auch wenn ich mir über die Vorläufigkeit der Cuveetierung und damit über die Vorläufigkeit der Bewertung im klaren bin.

Die Frage, die den aufmerksamen und versierten Bordeaux-Genießer interessiert, dreht sich um die Credibilität eines wiederholten Ereignisses: können die Weine aus 2010 denen aus 2009 das „Wasser reichen“ oder sie sogar an Hymnen und Superlativen noch überbieten? Dass mit 1989 und 1990 bereits ein Vorgängerjahrgangspaar die Matrix bildet, um zumindest diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen, soll und darf der Ernsthaftigkeit der Frage keinen Abbruch tun.

Die gar nicht so ausladend ausgefallenen Meldungen, die uns vorab erreicht haben (ohne dass wir uns sonderlich um Empfang bemüht hätten), deuten auf einen sehr guten Jahrgang mit Hang zur Heterogenität hin. Die relative Zurückhaltung der Nachrichten hat verschiedene Gründe. Zum einen ist es ganz sicher schwer, im Vorfeld bereits nach einem Superjahr wie 2009 ein weiteres Superjahr auszurufen. Es würde zwangsläufig zu einem Glaubwürdigkeitsverlust und angebrachten Zweifeln an der Wahrhaftigkeit führen. Qualität lässt sich nicht durch Marketing und laute Zurufe untermauern.

Zum anderen gibt es keinen Weinmarkt wie den in Bordeaux, der derart sensibel und seismographisch auf Weltereignisse reagiert und von ihnen berührt wird. Und diese sind spätestens durch die Ereignisse in Japan von einem Grauschleier überweht. Dennoch überdauern gerade Bordeauxweine mit ihrem vergänglichen Ewigkeitscharakter (sofern dies kein Widerspruch ins sich ist) auch die großen Weltkrisen, und es ist die Qualität der Jahrgangsweine, die am Ende übrig bleibt und unter Umständen für mythischen Glanz jenseits der Zeit sorgt. So werden wir im mühsamen Schlürf-Ausspei-Rhythmus versuchen, der Substanz des Jahrgangs durch äußerste sensorische Obacht auf den Grund zu gehen und unsere Urteile daraus abzuleiten.

Fest steht auf jeden Fall eines: seit der auffälligen Renaissance des Jahrgangs 2008, der schon im Menetekel zu Grabe getragen war, bevor man ihn überhaupt erst probieren durfte, ist die Motivation und Notwendigkeit deutlich gestiegen, Meinungen und Urteile auch jenseits herrschender Hermeneutik zu formulieren. Das übrigens mit ein Grund, warum wir bei AUX FINS GOURMETS den anschwellenden Bocksgesang, der jedes Jahr aufs Neue durch den Blätterwald und die digitalen Verbreitungswege raunt, weitgehend zu ignorieren versuchen. Das Vorurteil ist der Widerpart zum auf eigenen Erfahrungen fußenden Urteil. Und dieses behalten wir uns immer noch selbst vor.

Seien Sie mit uns gespannt auf den Jahrgang nach dem Jahrgang. Wir werden täglich berichten!

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