Château Pontet Canet 2010 Magnum

Château Pontet Canet 2010 Magnum

Mit unbeirrbarer Konsequenz hat Alfred Tesseron zusammen mit seinem Kellermeister und Weingutsdirektor Jean-Michel Comme in den letzten 15 Jahren daran gearbeitet, auf der Grundlage radikaler Innovationsphilosophie den sechsten Premier Cru Classé – und noch dazu den ersten, komplett biodynamisch bewirtschafteten – zu formen. Die Rückbesinnung auf die Kräfte der Natur und die Substitution moderner Technik durch selbstgenügsames Getier (die ersten 24ha der 81ha umfassenden Rebfläche werden bereits mit Pferden bearbeitet, um die Böden nicht mehr so sehr zu verdichten) fällt in eine Zeit, in der man andernorts den Segnungen modernster Innovation frommt. Es geht wohl nicht zu weit, anzunehmen, dass das protogenuine Tun auf Pontet Canet das Wesen der Klassifikation von 1855 transzendiert und die siebenmalteurere Konkurrenz von Château Latour in ihrem artifiziellem Verknappungswahn desavouiert.

Verkostungsnotiz:
Der Pontet-Canet des Jahres 2010 steht in brillantschwarzer Wandung im Glas und verinnerlicht schon visuell die Fülle seiner Attribute. Mit stolzem Blick und erwartungsvoller Neugierde verfolgt Alfred Tesseron, der nun ähnlich wie Francois Mitjaville seinen Wein nur noch exklusiv auf dem Château verkosten lässt, die sinnliche Rezeption seines Meisterstücks, das selbst beim Verkoster ins Glas zu bringen er sich nicht nehmen lässt (man vergleiche das mit dem prätentiösen Gehabe der meisten anderen Châteauxfürsten).
Der Nase öffnet sich ein erhabenes Bouquet kathedraler Dimension mit cascadenhaften Fruchtschüben dunkler Beeren, unterlegt mit hoher Steinassoziation und rassiger Frische, durchwirkt von Zedernwürze, Tabak- und Schokonoten, Lakritze und Erdtönen, mit einer umfassenden Aromatik, die in ihrer Reinheit und Expressivität ohne gleichen ist im Médoc. In monumentaler Fülle, mit hoher innerer Spannung, in überlegen schwerelosem Schwung, kraftvoll, mit Verve und durchdringender Fruchttiefe, gleitet der sehr fruchtverdichtete, in aristokratisch-seidiges Tanningepräge gefasste, aromenelegische Pauillac den Gaumen aus und entfaltet dabei ein Resonanzkonzert von höchster Reinheit, Klarheit, Tiefe und Akkuratesse.
Die Überlegenheit der Authentizität macht die wahre Größe dieses Pontet-Canet aus, der sich in seiner Wirkwucht nur Château Margaux geschlagen geben muss,dessen Terroir einen Tick aristokratischer ist und die Weinbereitung die noch feinere Form der Cabernet-Sauvignon-Exegese darstellt

Matthias Hilse 98-100