"90: Fassprobe (17/20):
Röstton, Kastanien, Haselnüsse. Süss, gutes Extrakt mit gesunder Tanninproportion. Im Finish gedörrte Bananen. Eine Mischung aus dem 82er und 85er. An der Arrivage bewies derselbe Wein sein kräftiges Tannin und die pfeffrige, reifeverlangende Tannin-Säure-Verbindung. 1994 kam die Tiefphase: Pfeffrige, aber trockene Tannin-Säure-Note, zähnebeschlagende Adstringenz, zeigt ein schönes Parfüm, welches an einen Margaux erinnert, relativ trockenes Extrakt, interessantes Potential, neigt etwas zum Austrocknen. Ich fragte mich bei zwei Flaschen, die später folgten, ob der Wein dieselbe oxydative Evolution mitmacht, wie der schreckliche 1990er aus dem gleichen Hause? Charly Hofer servierte seinen Gästen im Ochsen in Olten eine Impériale. Nach einer vorhergehenden önologischen Geisterbahnfahrt endlich ein schöner Schluck Rebensaft! Ein recht nobler Wein, der eine feine Bitterkeit auf der Zunge noch verarbeiten muss. 98: Kein grosser Gruaud und für einen 89er etwas zu wenig konzentriert. Was im Moment ganz sicher (noch) stört, ist die scharfe, an Cayennepfeffer erinnernde Note im Extrakt. Warten und hoffen, oder zu einem ebenso scharfen Stroganoff trinken (17/20).
00:
Jéroboam: Neben dem Montrose des gleichen Jahrganges – ebenfalls aus der Grossflasche serviert – ein leidlich helles Wässerchen: Das Bouquet zeigt sich schlank, röstig, mit animalisch ledrigen Noten, Korinthenspuren, kandierte Früchte. Im Gaumen ebenfalls schlank, dann legt er stetig zu, bleibt aber ein femininer Wein, dem man irgendwie – trotz Grösse – vorwerfen muss, dass man hier mit mehr Deklassement einen besseren Wein in die Flasche hätte füllen können, was alle Nachbarn auf dramatische Art beweisen (17/20).
05:
Zwei verschiedene Eindrücke vom selben Wein. Diner auf Gruaud-Larose anlässlich einer Spezial-Bordeaux-Reise. Zuerst tranken wir (zu) viele Flaschen, welche 4 Stunden lang dekantiert wurden. Tolle Nase mit viel Terroir und Rosinentönen. Aber im Gaumen schon etwas spröd. Weil wir eben zu viel tranken, wurden nochmals neue Flaschen kurzfristig dekantiert. Diese schmeckten kompakter und waren zwischen Nasenbild und Gaumenempfindungen ausgeglichener. Moral von der Geschichte: Nicht Dekantieren! (17/20).
07:
Leider wurden die Magnums auf Gruaud zwei Stunden zuvor dekantiert.Selbst in der Grossflasche und aus den Château-Reserven ist der Wein jetzt in der Nase stärker als im Gaumen. Man(n) stellt sich aufgrund des intensiven warmen, nach Korinthen, Rauch und gebrauchtem Leder duftenden Wein auf etwas Fülliges ein. Doch im Gaumen wirkt der Wein dann zwar muskulös, aber er weist zu wenig Fett und Fleisch auf um Säure und Muskeln auszugleichen. Ausser - man macht es wie ich zu Hause. Flasche auf, zwei Minuten warten, dann trinken! (17/20).
14:
Magnum. Mittlere Farbe, wenig gereift, am Rand leuchtend. Rosiniger Duft, Stallnoten, gebrauchtes Leder und Rauchschimmer. Der Gaumen ist trockensüss und die Tannine zeigen ebenfalls eine gewisse Trockenheit, welche sich mit Luftzutritt heraus schaffen. Wirkt eigentlich recht jung und hat wohl seine beste Zeit noch vor sich. Er wird da zu einem klassischen, grossen Gruaud als Terroirklassiker weiter wachsen. Diese Magnum: 18/20."
René Gabriel 17/20 Punkte
Quelle: www.bxtotal.com