Flaschengröße:
0.375
Alkohol:
14,5%
Klassifikation:
Klassifikation von 1855
Klassifikation Chateau:
5ième Cru en 1855
Genussindex*: 20/20 Punkten
Château Pontet Canet 2018 - 0,375L
Auf Pontet Canet hat man eine verheerende Ertragsreduktion durch Mehltau, wo die Biodynamie bisher recht hilflos ist, erlebt, so dass im Vorfeld der heutigen Preisveröffentlichung zu befürchten war, der Ausgabepreis würde ein neues Hoch markieren. Nun ist es ganz anders gekommen, und neben dem Umstand, dass ein Pontet Canet für denjenigen, der einen ganz aussergewöhnlichen Wein erleben will, immer ein Geschenk ist, so ist er es in diesem Jahr auch aufgrund seines eigentlich unglaublich günstigen Verkaufspreises.
Die Tesserons können aber nicht nur das Besondere im Wein hervorbringen, ihnen ist es auch eigen, für Überraschungen gerne besonders gut zu sein. Weil viele Negociants im letzten Jahr nur die Menge eingekauft hatten, die sie ihrerseits auch verkaufen konnten - mithin also Allokationen zurückgegeben hatten - gingen in diesem Jahr (natürlich auch bedingt durch die homöopathischen 10,6hl/ha) 30% weniger in den Markt, so dass der Einkauf extremst schwierig verlaufen ist.
Wenn ich seit Jahren Pontet Canet als den Protopauillac bezeichne, dann tue ich dies in der Erwartung, dass die Veränderungen im Weinbau, wie sie hier seit über 2 Jahrzehnten praktiziert werden, zu einer kompletten Veränderung der Aromatik und Stilistik der Pauillacs führen werden. Einen Vorgeschmack auf das, was da kommt, könnte man an Latour bekommen, wenn der Wein denn auf den Markt gelangte. So bin ich überzeugt, dass mit der Inverkehrbringung der ersten "biodyn"-Latour-Jahrgänge die Zeit reif sein wird, Pontet Canet in Avantgardepauillac umzubenennen.
Verkostungsnotiz:
Mit hocherotischer Nase, aber quasi zugeknöpft bis oben, in stupender Undurchdringlichkeit, in einem Ausrufezeichen an Opazität, gewinnt der Pontet Canet 2018 sofort die Sympathie des Verkosters, denn mit der ersten Induftnahme zeigt sich die Größe dieses Weins in einer Aromenfülle, die es so zumindest in Bordeaux sonst nicht gibt. Dabei entwirft der Protopauillac ein wildflorales olfaktorisches Crescendo von edelster Anmut, das seine Verinnerlichung aus dem fortwährenden Zustrom weiterer Dufträger erfährt, so dass dem Glas nach einiger Zeit schwenkenden Verharrens ein Pansensorikum aus roten und dunklen Früchten, Lakritze, schwarzem Tee, etwas Unterholz, Dörrfrüchten, Lavendel, und Rosen mit einem darüber schwebenden Minzehauch entschweben.
Die Gaumenpassage ist geprägt von saftiger Frische mit einer Dominanz roter hochreifer Früchte, deren intensive Fruchtsüße fein in Spannung gehalten wird von der kontrapunktischen Säure, die ihren perfekten Widerhall in einer Tanninentourage von ausgeprägter Intensität und seriösester Feinheit erfährt. Als wäre es nichts, so viel Substanz in federleichtem Schwung zu camouflieren, gleitet diese erlesene Pauillacverführung einem Finale von erhabener Intensität und Länge entgegen.
Gäbe es nicht den Montrose 2018, den ich insgesamt etwas stärker sehe als den Pontet Canet, wäre ich mit der Potentialwertung auf 100 Punkte gegangen.
Matthias Hilse 97-99 Punkte