Nach dem Farblosen Freitag

Heute, am Tag danach, möchte ich einen Begriff, von dem ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn hier überhaupt ausschreiben darf, und den Irrtum, der in seiner Verwendung liegt, kurz umschreiben. Ich möchte dies tun, weil die vermeintliche Intrinsik dem Wesen seiner Prädikation widerspricht – und: weil wir sowohl bei AUX FINS GOURMETS als auch bei WEINBOTSCHAFT.DE bei der Bildsetzung unserer Weine mit einer schwarzen „Abwesenheitsumgebung“ den Weinflaschen überhaupt erst die Bühne geben, die sie aufgrund ihrer emotionenstiftenden Potenz verdient haben.  Ich fühle mich also quasi von jeh her der Farbe schwarz verpflichtet, und möchte hier einen Prolog, den Sie sonst nur als „Gourmetbriefempfänger“ zu lesen bekommen, anfügen:

Stufen der Erleuchtung © MATTHIAS HILSE

Die Farbe Schwarz trägt ein disparates Potpourri an unterschiedlichen Konnotationen in das ihr zutiefst eigene Nichts. Wenn wir etwa sagen, „wir sehen schwarz“, könnten wir jenseits des Bildhaften auch sagen „wir sind blind“, denn anders als beim Schwarzfahren, das nur bedingt folgenlos bleibt, ist das Schwarzsehen weder erhellend noch konsekutiv.

Nirgendwo manifestiert sich das Nichts-an-Sich besser als im Schwarzsein, und wenn man auch nicht Nichts denken kann, entfällt in konsequenter Schwärze der Raum – und nur die Zeit bleibt unberührt.

Wenn nun seit einigen Jahren die Farbe Schwarz fröhliche Urständ an jeweils einem Freitag im November feiert, dann kulminiert die Visualisierung von Nichts im Diktat der Zeit: JETZT  entdinglicht sich der Preis vom Wert.

Schon das Inauguralkunstwerk des Suprematismus, Kasimir Malewitsch’s „Schwarzes Quadrat“ bediente sich des Abhandenseins von Farbe, um in der Loslösung von Formen das Intelligible zu symbolisieren.

Der schwarze Freitag ist in Zeiten, in denen man „einen schwarzen Schwan“ in sein Vokabular aufnimmt, ein Manifest der Verwirkung seines Prädikats, das sich hier gerade unsuprematistisch materialisiert.

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