Bordeaux Subskription 2019

oder das Bild von den saufenden Pferden

In der Bordeaux Subskription 2019 manifestiert sich, worauf die meisten, die diesem Thema mit Interesse zugetan sind, schon lange gewartet haben: ein wiederum großer Jahrgang erfährt die Gunst deutlich nachlassender Preise.

In den Diskussionen darüber, wie ein solches – eigentlich ziemlich unwahrscheinliches – Szenario Wirklichkeit werden könnte, spielten immer solche Begriffe wie „Krise“, „Platzen einer Blase“ oder „Rezession“ eine Rolle. Das Missverhältnis zwischen dem verfügbaren Angebot und der zu erwartenden Nachfrage ist die Achillesferse des Bordeaux-Geschäfts, seitdem in einer globalisierten Welt kaum noch neue Märkte aufgetan werden können und die Anzahl großer Jahrgänge die Lagerkapazitäten auch der sammelfreudigsten Bordeauxkunden an ihre Grenzen bringt.

Chateau Palmer

Die Negociants, die über viele Jahre die Gewähr dafür trugen, die nicht an den Handel zu vermittelnden Weine in ihren immer größer werdenden Lagerhallen einzulagern, sind nun ebenfalls an ihr Limit gelangt, so dass, um im Bild von Wasser und seiner Bevorratung zu bleiben, der Stausee „bordelaiser Großhandel“ keinen weiteren Zulauf verträgt.

Nun dürfte gewiss sein, dass gerade die Weingüter, deren Erzeugnisse den Motor einer Subskriptionskampagne bilden, am ehesten einen Einbruch ihres cash-flow in Form einer nicht stattfindenden (oder verschobenen) Subskription verwinden könnten. Diejenigen Chateaux aber, die nicht genügend Fortüne hatten, ihren Marktpreis ausreichend weit von ihren Gestehungskosten zu setzen, dürften zum Teil sehr wohl auf eine erfolgreiche Subskriptionskampagne angewiesen sein.

Nur unter der Annahme einer gewissen Solidarität am Place de Bordeaux erhellt sich das Bild, das sich dem Subskriptionsbeobachter aktuell bietet: gerade die ersten Adressen, wie heute z.B. Chateau Mouton Rothschild oder gestern bereits Chateau Cheval Blanc oder Palmer und Pontet Canet ganz am Beginn der Kampagne, die alle ihre Preise gegenüber der letzten Saison um ca. 30% reduziert haben, machen Ihren Kunden ein Angebot, das diese eigentlich nicht ablehnen können.

Als man noch Verkosten konnte vor Ort: Pontet Canet

Nun hat aber die Zuweisung des Begriffs „Kunde“ so seine Tücken, denn eigentlich ist der Endverbraucher, den es immer braucht, um eine Ware in einem Markt fest zu platzieren, aus Sicht der Erzeuger der Kunde eines Kunden eines Kunden.

Wenn die Annahme richtig sein sollte, dass die Aufnahmekapazität für den neuen Jahrgang 2019 am Place de Bordeaux momentan sehr begrenzt ist, dann braucht es Preise am Markt, bei dem der internationale Handel sozusagen für die Negociants in die Bresche springt und die angebotenen Weine (zu großen Teilen) übernimmt.

Anders als bei den Negociants, die jeweils „nur“ Händler als Kunden haben (reines B2B-Geschäft), ist das Geschäft des Handels viel kleinteiliger. So dürften auf einen Negociant im besten Fall ein paar Hundert Händler kommen, auf jeden Händler, der im Subskriptionsgeschäft tätig ist, aber jeweils mehrere Tausend Kunden.

Chateau Cheval Blanc

Da in diesem Jahr, sofern ich mit meiner Einschätzung richtig liege, ein indirektes Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Erzeugern und den Händlern gegeben ist, braucht es von den Chateaux eine Art geniale Steilvorlage, so dass der Handel nur noch „vollenden“ muss.

Aber genau hier liegt das mögliche Problem. Ob der Endverbraucher es als eine einzigartige Chance begreift, mit der Subskription 2019 große Bordeaux zu sehr raisonablen Preisen einkaufen zu können, wird sich erst im Laufe der nächsten Wochen zeigen.

Für den Privatkunden ist die Situation komfortabel: bedingt durch die Corona-Einschränkungen gibt es bisher nur sehr vereinzelt Kritikermeinungen zu den Weinen. Kauft man normalerweise als Kunde bei der Subskription in der Hinsicht die „Katze im Sack“, dass man den Wein nicht selbst verkosten kann, handelt es sich beim Jahrgang 2019 um einen „Sackkauf im Sack“. Die Potenzierung der Unschärfe in der Meinungsbildung ringt den Erzeugern quasi die Einwilligung ab, eine Kaufoption deutlich unter ihrem inneren Wert zu verkaufen. Man kann die Situation auch so sehen: da sich mit der Primeurkampagne 2019 eine Substitution des Negociants durch den Händler ereignet, geben die Chateaux die „eingesparte“ Leistung als Rabatt mit einem zusätzlichen Bonus für das Fehlen der normalen Kritikerszene an den Endkunden weiter.

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