Wo sind sie denn oder: Merkmale falscher Verwurzelung

Eine Sache wie die Bordeaux-Subskription, deren iteratives Grundschema darauf ausgerichtet ist, die jeweilige Neuauflage eines in seiner Stilistik vertrauten Weins im Rahmen eines kreditinduzierten Termingeschäfts an den Markt zu bringen, lebt zunächst einmal von der allgemeinen Bekanntheit seiner „Marke“, die Motivation für die Neugierde auf den neuen Jahrgang ist.

Filigran entwurzelt – Foto © Matthias Hilse

Da schon aufgrund der Disintegration des Zinses eine materielle Opportunität durch das Fehlen von Diskontfaktoren nicht mehr gegeben ist, muss also die Fantasie, ein knappes Gut rechtzeitig „eingedeckt“ zu haben, als Movens für die Kaufentscheidung dienen. Nur wenn sich der Bezugspreis während der Subskription ändert, ist diese sinnvoll.

Ähnlich einem Mythos, dessen Geltungsanspruch auf Verifizierbarkeit ihm ebenso wesenhaft ist, wie die Notwendigkeit seiner „Tradition“ – ergo seiner Verfügbarkeit, riskiert ein Wein, dem Umstand des Sagenumwobenen obsolet zu werden durch seinen Rückzug in die Verborgenheit.

Bordelaiser Kurvendiskussion – Foto © Matthias Hilse

Nun sind die Akteure am Bordeaux-Primeurmarkt gerade in besonderem Maße mit dem Phänomen der Unauffindbarkeit einiger von der Sache her garnicht so raren Weine befasst, denn besonders die Inkunablen, von deren prinzipieller Sichtbarkeit – sprich: merkantiler Verfügbarkeit – die Fantasie der Subskription lebt, scheuen immer mehr die Öffentlichkeit, die aber ein Grundprinzip eines funktionierenden Marktes ist.

Traditionelle Verankerung – Foto © Matthias Hilse

Man möchte den Eigentümern dieser Verborgenheitselite gerne zurufen, dass es so etwas wie eine Verantwortung gerade derjenigen, die in der Lage sind, Begierden zu evozieren, dem Gemeinwesen, also der Summe der Marktteilnehmer gegenüber, gibt. Denn nur in der Ausprägung des Sozialen von der Spitze her, wo die „Onioepithymia“ Freiräume sorglosen Entledigtseins schafft, rechtfertigt sich das Engagement der „Wasserträger“ für die Instanthaltung eines Marktes, ohne den die Mythen dem gnadenlosen Erosionsprozess des Vergessenwerdens ausgesetzt sind.

Interferierende Partystimmung – Foto © Matthias Hilse

In einem Geschehen, das wesenhaft im Begriff des Terroirs die Bedeutung des Verwurzeltseins hervorhebt, zeugt es von besonderer Ignoranz, inert zu sein für die Belange der Reziprozität von Geben und Nehmen.

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