Chateau Pontet-Canet

So, als hätte man in Bordeaux mitbekommen, dass AUX FINS GOURMETS in diesem Jahr 15-jähriges Jubiläum feiern kann, und somit prädestiniert ist, alles, was auch mit dem Milleniumswechsel dort seinen Verlauf nahm, in den Focus zu rücken, hat Chateau Pontet-Canet, der von mir als Protopauillac bezeichnete Cinquième Cru, der in den letzten Jahren allen bordelaiser Celebritäten den Rang abgelaufen hat, Mitte dieser Woche eine Tranche seines Jahrgangs 2000 zum Verkauf über einige Negiciants angeboten.

Das wäre zunächst keine besondere Notiz wert, wenn es sich einerseits nicht um den Taktgeber paradigmatischer Navigationsphilosophie handelte und andererseits Gedanken über die Lagerhistorie höchstwertiger Konsumgüter in den Preistheorien für reife Bordeaux eben keine untergeordnete Rolle spielen würden.

 Pontet-Canet-bloog

Mit Füllstand und Erscheinungsbild des Etiketts mag man Anhaltspunkte über Temperatur und Luftfeuchtigkeit während der Lagerung haben; ob der Wein aber eine eher reisefreudige Vergangenheit hatte oder gar in seismisch tangierter Lage – etwa in der Umgebung einer U-Bahn- oder Strassenbahntrasse – seine Unruhe fristete, sieht man ihm kaum an. Ob bei Pontet-Canet bereits das Fälschungsrisiko imminent ist, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden.

Wir jedenfalls meinen, dass ein gereifter Wein, sofern er zum Zeitpunkt der Inverkehrbringung direkt aus den Kellern des „Herstellers“ kommt, durchaus um den Aufschlag „der aristokratischsten Form der Zwischenlagergung“ teurer sein darf, als bei irgendwelchen Internetofferten, denn dort handelt es sich nur möglicher- aber eben nicht notwendigerweise um den gleichen Wein.

Wer das, was die Weine von Chateau Pontet-Canet heute ausmachen, in seiner historischen Bedeutung verstehen möchte, ist gut beraten, die Schlüsseljahrgänge seit 1994, als Gerald und Alfred Tesseron das Weingut von ihrem Vater Guy übernahmen, auf die Dimension der intrinsischen Veränderungen seither zu verkosten. Und natürlich darf dabei der Jahrgang 2000, der aufgrund seiner Einbettung in ein Umfeld relativen Ernteoptimums ein Markstein auf dem Weg zur herausragenden Olympiade der Jahrgänge 2008 bis 2011 ist, nicht fehlen.

Wie sich im Wein Konzentration, Druck und Wille in Eleganz, Feinheit und das freie Spiel der Obertöne sublimieren, sieht man wunderbar, wenn man 2000 „gegen“ 2011 trinkt.

2000 Chateau Pontet-Canet, 0,75L ex Chateau (21.01.2015) @ EUR 145,00 (EUR 193,33/L)

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