Château Ducru Beaucaillou 2013

Wenn die Verkostungsnotizen zu den Bordeaux 2013 erst so langsam aus der Obhut ihres Verworfenseins entlassen werden, liegt dies auch darin begründet, mit ihnen einen Weg beschreiten zu wollen, der auf das kontingente Neuauswürfeln redundanter Begrifflichkeit verzichtet und den Wein in einen Sinnzusammenhang zu stellen versucht, der eine Orientierung in der jeweiligen Topographie zu erleichtern bemüht ist.

Château Ducru Beaucaillou, Foto © Matthias Hilse

Château Ducru Beaucaillou, Foto © Matthias Hilse

Verkostungsnotiz:

Vielleicht ist es das etwas breitbeinige Auftreten von Bruno Borie, der darin zum Ausdruck gebrachte Stolz in die eigenen Vermögen, der leicht die Grenze zur hybrishaften Selbstverklärung zumindest streift, die verhindern, dass Ducru Beaucaillou eben nicht wie selbstverständlich im Médoc-Pantheon angesiedelt wird – zumindest in der Wertschätzung eines etwas breiteren Publikums. Nimmt man das aktuelle Preisniveau, so gibt es dafür in Burgund beispielsweise eher gehäufte Mediokrität als gleichrangige Klasse.

Leicht gerät man an die Grenzen des eigenen semantischen Vermögens im Bestreben, einen Wein, der so zart ist wie eine Mohnblüte, der so leicht daherkommt, als würde er in Federn über den Gaumen gleiten, dem es zu eigen scheint, der Gravitation zu trotzen, den man in ganz leisen Tönen besingen müsste, mit dem gleichen Vokabular zu malträtieren wie Exponate, die geballte Kraft sind. Sagte man, der Ducru des Jahres 2013 assoziiere einen Hauch von Nichts, so würde selbst Sartre konzedieren müssen, dass dieses Nichts doch eher die Fülle in ihrer vordergründig unmerklichsten Form, wo man in mikroskopischer Verfeinerung die eigenen Sinne in das Terrain jenseits ihrer Affizierbarkeit zu transzendieren hätte, sei. Da es aber der Größe dieses Weins nicht angemessen ist, ihn mit dem Hinweis in die Wortlosigkeit zu entlassen, für so etwas fehlten einfach die Begriffe, sei es wie folgt versucht: stellen Sie sich vor, Sie spazierten an einem klaren Frühlingstag, wenn der Wind Frischeprisen, in die zarte Duftwolken eines Kräutergartens, der von einer Wiese umschwungen wird, eingewoben sind, in einer panoramastarken Szenerie, die Sie einerseits mit kristalliner Klarheit, andererseits mit einer abundanten Fülle an feinstziselierten optischen Häppchen, die Sie zwar im einzelnen nicht klar zuordnen können, deren Ensemble Sie aber ob ihrer Harmonie und Symmetrie schier verblüfft, überhäufte und dächten dabei an den Beginn des Konzerts, in dem Sie am Vortag Schuberts „Unvollendete“, die in ihrem Auftakt so grandios zwischen Nichts und fast Nichts distinguiert, gehört haben. Sie wüssten um dem Reichtum, der sich in dem Moment entfaltet, in dem der Übergang vom Nichts zum Sein erfolgt. Wenn man auf Ducru etwas beherrscht, dann ist es das behutsame Vortasten bis zu dem Punkt, an dem etwas Unsagbar wird. Alleine fur das Wagnis, diesen point of no return zu verfehlen. gebührt der Mannschaft um den kabarettbegabten René Lusseau meine uneingeschränkte Bewunderung.

Matthias Hilse: 93-96

 

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