Château Cos d’Estournel 2011

Wenn rezent irgendwo in der subtilen Welt des bordelaiser Hochadels die menschliche Zerrissenheit als Bewahrer der Tradition auf der einen und als Architekt des Fortschritts auf der anderen Seite architektonisch thematisiert wurde, dann auf Château Cos d’Estournel, dessen Weinkeller eine Melange ist aus futuristischem Hochglanz und exotischer Hotelhalle. Es würde einen nicht wundern, begegnete man hier Miss Marple oder Peter O’Toole.

Dass Jean-Guillaume Prats einen großen Cos ernten konnte, den besten Wein der Appellation Saint-Estèphe, liegt sicherlich auch in der peniblen Selektion begründet, die 70% der Ernte deklassierte. Gerade der Jahrgang 2011 dürfte aber auch darin seinen Erfolg zum Grunde haben, dass die Investitionen der letzten Jahre in einen Keller nach dem letzten Schrei auch allerfeinste Türen der Distinktion  öffnete, so dass so präzise gearbeitet werden konnte wie nie zuvor. In gewissem Sinn erachte ich den Cos des Jahres 2011 als die konsequenteste Verkörperung des hiesigen Mythos, denn all das überflüssige Fett, das z.B. den 2009er etwas heimatlos hat sein lassen, ist verschwunden, ohne dass dem Wein dadurch etwas fehlen würde.

Verkostungsnotiz:

In glänzender, monumentaler Farbdichte verströmt der Nasenexot Cos reichhalte Noten dunkler, reifer, saftiger Beeren, in die sich Kaffeetöne, Edelholzaromen, Schokolade und ein feiner floraler Hauch einweben. Der fruchtmächtige, perfekt reife, exuberant fleischige Saft gleitet mit rassigem, gleichwohl schwebendem, einem erfrischenden Luftzug gleichen Schub den Gaumen aus und ist dabei Feinheit und Souplesse in Perfektion zugleich. Ohne manirierte Schnörkel und ohne barockes Beiwerk, das der Cos in üppigen Jahren gerne trägt, entfaltet er seine betörende Wirkung durch seine äußerst präzise Physiognomie, die ganz dem Wesen eines großen Saint-Estephe im Allgmeinen und eines atemberaubenden Cos im Besonderen entspricht. Auch wenn viel über den Preis lamentiert wird, halte ich den Cos d’Estournel des Jahres 2011 für günstig in Relation zum Genuß, den er Ihnen bieten wird. Eine unbedingte Empfehlung! Matthias Hilse: 96-98

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