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Terroirakrobaten von Matthias Hilse

Terroirästheten

Würden Sie auf die Idee kommen, ein Konzert, sagen wir: mit den Berliner Symphonikern unter Simon Rattle, nach dem 100-Punkte-Schema zu bewerten, und es mit einem Klavierabend mit Friedrich Gulda vergleichen? In der Welt der Weine sind Bewertungen überhaupt nicht mehr wegzudenken, und gleichwohl handelt es sich beim Genuss eines grandiosen Bordeaux um ein ähnliches Erlebnis wie der Besuch eines Chopinabends mit Maurizio Pollini. Die Bewertung ist eine heikle Sache und lässt natürlich auch nicht unbedeutende Fragen offen wie die, wie es denn um die Möglichkeit der Erkenntnisfähigkeit von Perfektion bestellt ist, wenn perfekt nicht gleich perfekt ist.

Der Südrhône-Jahrgang 2007 scheint mir überdies zu zeigen, dass Perfektion auch langweilig sein kann, wenn sie nicht ihre Spannung aus der inspirierten Tiefe ihres Wesens, sondern nur aus dem aphroditösen Glamour ihres schönen Scheins erfährt.


Überdies ist die allgemeine Weinkritik sehr auf Fruchtexpression hin orientiert, aromatische und metaphysische Aspekte werden meist von der opulenten Faktizität des Jetztzeitschlucks verdrängt.


Nun gibt es aber die Winzer, die vielleicht keine perfekten Weine machen, deren Ingenium sie aber befähigt, aus dem Zusammenspiel der in einem bestimmen Bodentyp in einer bestimmten kleinklimatischen Topologie verwurzelten Rebe einen möglichst expressionsdistinkten, seiner Individuität korrespondierenden Wein zu bereiten. Diese Winzerinnen und Winzer, deren Arbeit - jenseits ihrer Begabung - viel mit ihrer Wahrnehmung und den Schlüssen, die sich für ergebniskonkludentes Handeln daraus in Bezug auf ihr Terroir ergeben, zu tun hat, fassen wir fortan unter dem Begriff "Terroirästheten" zusammen. Diese Einschätzung ist subjektiv und bezieht sich einzig ihrerseits auf meine Wahrnehmung.


Erwarten Sie hier keine aalglatten Karrieristen, sondern Charisma, Charakter, Charme, avantgardistische Weitsicht, Unbeirrbarkeit, Stilsicherheit, Individualiät und immer: kleine Mengen.

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