Bordeaux 2013

Bordeaux Jahrgang 2013

Wer mit dem schweren Gepäck des vermeintlichen Vorwissens zu den Primeurverkostungen 2013 nach Bordeaux gefahren ist, war möglicherweise zu dem Zeitpunkt, als es an die kritische Schau der ersten Muster ging, nicht entsprannt - und: unabhängig genug, um den Weinen eine angemessene Beurteilung zukommen zu lassen.

Der Autor jedenfalls ist überzeugt, dass seine Strategie, informationsresistent und ignorant im Hinblick auf Meldungen aus Bordeaux, die etwas mit dem Jahrgang 2013 zu tun hatten und damit das Fell des Bären bereits verteilten, bevor man ihn überhaupt erst erlegt hatte, zu sein, mehr als die zweitbeste Fahrt ist. Das Streben nach Unvoreingenommenheit hat naturgemäß dort seine Grenzen, wo sich die einzelne Probe der Unbestimmtheit entzieht, denn es wird ja nicht blind probiert.

Orangerie von Ch. Margaux

Die ersten Verkostungen der großen Terroirs waren bereits erhellend und nach Abschluß der Primeurwoche war für mich klar, dass, wenn man die besten 25 Weine des Bordeaux-Jahrgangs 2013 nehmen würde und all sein Wissen um die schwierigen Bedingungen seiner Genese ausblendete, man gerade nicht auf die Idee käme, ein Verdikt zu formulieren, sondern nach einer Semantik suchte, die in ihren Differenzierungen, im seidigen Flüstern ondulierter Wortwogen der ungemeinen Feinheit, Frische und Verve dieses Jahrgangs gerecht werden kann.

Stellen Sie sich vor, sie hören konzentriert Bachs Goldberg-Variationen, sagen wir in der legendären Glenn-Gould Einspielung von 1955. Würden Sie, sofern Sie in Analogie zum Weinkonsum auf die Idee kämen, die Variationen einzeln in einem Punkteschema zu bewerten, die langsamen Sequenzen niedriger bewerten als die schnellen bis rasenden Abschnitte? Würden Sie einen Wein, der pure Eleganz verkörpert, genauso hoch bewerten wie einen, der Kraft oder auch Opulenz in ihrer Reinform darstellte?

Alfred Tesseron

Gerade die Sorge vieler Bordeauxfans, mit der klimatisch evozierten Alkoholwerthausse ein Identifikationsmerkmal zu verlieren, was eben einen gestandenen Bordeaux von seinem Pendant aus Châteauneuf-du-Pape unterscheidet, sollte die Aufmerksamkeit all jener, die es auch gerne mal etwas schlanker haben möchten, auf den Jahrgang 2013 lenken.

Aber Vorsicht! Kann man beinahe jeden Bordeaux, der dem Jahrgang 2009 entstammt, bedenkenlos einkaufen, ist dies in den Nachfolgejahrgängen viel schwieriger. Man könnte fast sagen, 2013 sei ein odysseisches Jahr, in dem Skylla als unreifes Wässerchen und Charybdis als Extraktmonster das Meer der Proben unsicher machen.

Ch. Montrose

Man lehnt sich wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster komparativer Gegenüberstellung, wenn man annimmt, gleiche Wetter- und Wachstumsbedingungen hätten noch vor weniger als 20 Jahren eine wesentlich inferiorere Ernte ergeben. Wie ist das zu erklären?

Das Zusammenspiel aus ökonomischer Fortüne auf der Basis globalisierter Nachfragesteigerung mit immer profunderem Wissen sowohl in der Önologie allgemein als auch um das eigene Terroir im Besonderen hat für eine bestimmte Klasse an Châteaux - und um die geht es besonders in 2013 - Gestehungskosten und Marktpreis auseinanderdiffundieren lassen. Erntemengen, die im historischen Vergleich nicht selten einen neuen Tiefpunkt markieren, kann man eben besser verkraften, wenn die Gleichung "Menge x Preis" nicht defizitär ist.

Saint-Emilion

Man müsste zu weit ausholen, etwa das Segment der Markenbildung beleuchten, um all die Themenstränge, in die der Jahrgang 2013 mit seinen unwirtlichen Vegetationsbedingungen eingewoben ist, einer Gesamtschau zugänglich zu machen. Hier empfiehlt sich sicherlich das persönliche Beratungsgespräch mehr als eine allgemeine Einleitung.

Es ist offenkundig, dass bei den Top-Weingütern eine Entkopplung der zugrundeliegenden allgemeinen Bedingungen und dem erzielten Ergebnis erfolgt ist. Für den Jahrgang 2013 heißt dies, dass die Subskriptionsofferte die schlankeste in den letzten 10 Jahren sein wird.

Wenn eine Allgemeinaussage über den Jahrgang möglich ist, dann sicherlich die, dass die verrieselungsanfälligere Rebsorte Merlot weit weniger erfolgreich war als in den letzten Jahren. Nicht umsonst gibt es im Jahrgang 2013 das Novum zu vermelden, dass die in den letzten Jahren nicht selten launige Comtesse mit einem reinsortigen Cabernet-Sauvignon ein Ausrufezeichen gesetzt hat.

Weitere Verallgemeinerungen in der Art etwa, "je weiter nörlich im Médoc...." entbehren meist jeglicher Substanz. 2013 ist das Jahr der besonderen Fürsorge, der terroirgenuinen Interpretation, der Selektion, des Weinbergs und in den besonderen Fällen wie bei Château Pontet-Canet oder auch Mille Roses biodynamischer Denke.

Ch. Palmer

Nachfolgend finden Sie meine persönliche Auswahl für den Jahrgang 2013, die jetzt, zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Einleitung (13.April 2014) noch nicht abgeschlossen ist. Da ich es nicht als meine Aufgabe ansehe, Sie auf schlechte Weine hinzuweisen, finden Sie nur die Weine, bei denen ich eine Subskription für angebracht halte.

Hinterfragen Sie für sich bitte auch das gerne aufgeführte Argument, 2013 sei ein Jahrgang, den man sich ja später, wenn die Weine auf der Flasche sind, jederzeit noch zu den gleichen Konditionen zulegen könne. Hier muss der Handel in seiner Breite, indem er die Weine einkauft, mitspielen. Das wird schwerlich der Fall sein.

Sofern Ihnen folgende Eigenschaften bei Weinen zusagen, sollten Sie sich zumindest nicht achtlos gegenüber Bordeaux 2013 verhalten:

Brillanz der Frucht, Klarheit, Reinheit, alkoholmoderat, Bukettopulent (Margaux), Frisch, Eleganz, Verve, Finesse, animierende Säure, tanninfein


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