Das Ausrufezeichen aus Saint-Emilion

Chateau Trotte Vieille 2015

Es ist vielleicht nicht das schlechteste Indiz, dass es sich bei Chateau Trotte Vieille nicht um einen solchen Saint-Emilion handelt, bei dem die Pfade ausgetreten sind, wenn man der Beobachtung Wert beimisst, dass Pavie und Angelus, als sie mit dem Jahrgang 2012 der als zu eng empfundenen „Classe B“ entrücken konnten, dies jeweils mit einem schwarzen Etikett, das die Flaschen von Trotte Vieille aber schon immer ziert, zelebriert haben. Im Schatten von Chateau Canon, das in diesem Jahr alle Begehrlichkeiten durch eine geschickte Verknappung auf sich zu ziehen wusste, lancierte die Eigentümerfamilie Casteja den Trotte Vieille, und wenn meine Prognosen der letzten Jahre Sie mutig stimmen, meinem Urteil zu vertrauen, dann sollten Sie hier, zu diesem Preis – und solange der Wein noch verfügbar ist – „zuschlagen“. Denn 2015 ist zuallererst ein Cabernet-Franc-Jahr!

Château Trotte Vieille                                                                                             © Matthias Hilse

Château Trotte Vieille © Matthias Hilse

Anders als beim Sichtweitennachbarn Troplong Mondot ist die Kraft, die den Trotte Vieille 2015 auszeichnet, sublimiert und wirkt als Antriebsmasse für einen Charakter voller Rasse, Tiefe, Distinktion – und grossvolumiger Ruhe. Da, wo andere gehetzt aufschreien müssen, um Ausdruck zu erreichen, bleibt der Trotte Vieille ganz gelassen und behält den grossen Überblick.

Das Bouquet von unterschwelliger Süße, feinen floralen Rosenobertönen, dunklen Schokonoten, einem dezenten Trüffelhauch und vor allem distinkter aromatischer Beerenfrucht ist das Entree zu einem Gaumenflug von allerhöchster Anmut, Eleganz und Erhabenheit. Schwerelos, so als ob es hier keine Gravitation gäbe, gleitet eine verblüffend zarte, reine und klare Fruchtwoge, um die passgenau ein Tanninsaum von feinstem Zuschnitt liegt, zu einem Finale von ganz ausserordentlicher Verve und animierendem Esprit.

Der Saint-Emilion mit der Laufruhe eines grossvolumigen Achtzylinders.

Matthias Hilse 96-99 Punkte

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